Management-Buy-in
Der weiße Ritter der Unternehmensnachfolge?
von Eric Jungblut
Der Verkauf eines Unternehmens im Wege eines Management-Buy-in entwickelt sich immer mehr zu einer beliebten und attraktiven Gestaltungsoption für die Unternehmensnachfolge und als Karriereturbo für ambitionierte Manager.
Was sind die Gründe, für die Wahl dieser Option?
Zunächst einmal muss man sagen, dass eine interne Lösung sicherlich die einfachere und risikolosere Variante der unternehmerischen Nachfolge ist. Die Übergabe der Verantwortung und der Unternehmensanteile lässt sich vergleichsweise unproblematisch regeln, wenn ein Nachfolger im Unternehmen bereitsteht, sei es aus der eigenen Familie, sei es aus dem Management. Im Idealfall wurde der erwählte Nachfolger schon beizeiten auf seine künftige Aufgabe als Geschäftsführer vorbereitet, sodass eine reibungslose Übergabe des Zepters gewährleistet ist. Im Falle der familieninternen Nachfolge erfolgt mit Übergabe der Verantwortung für die Geschäftsführung meist auch die gesellschaftsrechtliche Nachfolge.
Ist hingegen das eigene, bislang im Angestelltenverhältnis tätige Management für die unternehmerische Nachfolge vorgesehen, erfolgt der Schritt ins Unternehmertum im Wege eines Management-Buy-out. Die Übergabe der Gesellschaftsanteile erfolgt durch Verkauf.
Was aber, wenn eine familieninterne Nachfolge nicht gewollt oder nicht möglich ist und auch kein Management zur Verfügung steht, um die unternehmerische Verantwortung zu übernehmen?
Management-Buy-in als externe Gestaltungsvariante
Bleibt dann also nur der Verkauf des Unternehmens an einen Wettbewerber oder ein anderes interessiertes Unternehmen?
Tatsächlich muss ein klassischer Unternehmensverkauf auch beileibe nicht die schlechteste Lösung sein. Aber es gibt auch Alternativen. Im Folgenden soll die Möglichkeit eines sogenannten Management-Buy-in (auch „MBI“) nähern beleuchtet werden und die Chancen und Grenzen eines solchen Models dargestellt werden.
Unter einem MBI versteht an die Übernahme eines Unternehmens durch einen Manager oder ein Managementteam, das von außen kommt, also bislang nicht im Unternehmen beschäftigt war. Der MBI-Manager oder das MBI-Team ersetzt oder ergänzt die bislang für das Unternehmen tätige Geschäftsführung.
Bekannt wurde dieses Konzept zunächst vor allem im Rahmen von Restrukturierungen. Folglich spricht man hier auch von einem Sanierungs-MBI. Dabei werden erfahrenen Turn-around Managern, zusätzlich zu ihrem Gehalt, auch Anteile am betreffenden Unternehmen angeboten. Ziel ist es einen Anreiz zu schaffen, das Unternehmen möglichst schnell und nachhaltig wieder in die Gewinnzone zu führen. Die Übertragung von Anteilen ist also eine Variante der erfolgsabhängigen Bezahlung, wobei das Management mit dem Kauf der Anteile auch mit ins Risiko geht. Damit unterscheidet sich diese Form der Kompensation von erfolgsabhängigen Bonuszahlungen.
Da die betreffenden Unternehmen zum Zeitpunkt der Übernahme meist nur noch einen geringen Wert haben, können die Manager Anteile mit entsprechend geringem Kapitaleinsatz übernehmen. Im Falle einer gelungenen Sanierung steigt der Wert des Unternehmens wieder und der MBI-Manager wird folglich mit einem entsprechend hohen Gewinn aus der Wertsteigerung der Anteile entlohnt. Dieses Anreizinstrument dient zum einen als Kompensation für das Risiko, das ein Manager mit der Übernahme der Geschäftsführung in einer Sanierungssituation eingeht. Zum andern sorgt es aber auch dafür, dass die Interessen der Gesellschafter und des Geschäftsführers in Einklang gebracht werden.
Neben dem Sanierungsfall, hat sich der MBI aber auch als interessante Option für die unternehmerische Nachfolge entwickelt.
Ist absehbar, dass für die eigene Nachfolge weder in der Familie noch im Unternehmen die richtigen Personen zur Verfügung stehen, dann kann ein Nachfolger von außen, eine probate Lösung sein, um einen reibungslosen Übergang im Sinne des Unternehmers, des Unternehmens, seiner Mitarbeiter und Kunden zu gewährleisten.
Hierbei ist natürlich zu berücksichtigen, dass MBI-Manager nur in den seltensten Fällen über die notwendigen finanziellen Mittel verfügen, um einen adäquaten und fairen Kaufpreis für das Unternehmen zu zahlen, der vom Eigentümer berechtigterweise erwartet wird. Um diese Finanzierungslücke zu schließen, wird ein Investor benötigt, der sich an der Finanzierung beteiligt. In vielen Fällen wird das eine Private Equity Fund sein.
Selber machen oder machen lassen?
Bei der Umsetzung eines MBI sind grundsätzlich zwei Varianten denkbar. Der Unternehmer kann die Suche nach einem geeigneten MBI-Kandidaten entweder selbst in die Hand nehmen oder aber die Suche einem potentiellen Käufer überlassen.
Im erstgenannten Fall nimmt der Unternehmer die Gestaltung des künftigen Managements selbst in die Hand. Nach Einarbeitung und Übergabe der Geschäftsführung wird das Unternehmen mit einem vollständigen Managementteam veräußert. Empfehlenswert ist es, sich bei der Suche nach geeigneten Kandidaten, von Beratern unterstützen zu lassen, die sich auf MBI-Manager spezialisiert haben. Die eigentliche gesellschaftsrechtliche Nachfolge erfolgt hier im Rahmen des Verkaufs des Unternehmens. Die Beteiligung des MBI-Managers erfolgt entweder vor oder im Rahmen des Verkaufs. Beides ist möglich, wobei Letzteres das in der Praxis häufiger angewandte Model ist.
Bei der zweiten Variante übernimmt der Käufer die Suche des oder der MBI-Manager. Der verkaufende Unternehmer bietet in diesem Fall meist an, das Unternehmen solange weiter zu führen, bis ein geeigneter Nachfolger gefunden und eingearbeitet ist. Hierbei wird meist eine Mindest- und Maximaldauer vertraglich vereinbart, die der Unternehmer für eine solche Übergangszeit in der geschäftsführenden Verantwortung bleibt.
Unabhängige Managementteams erhöhen den Unternehmenswert
Welche Variante gewählt wird hängt primär davon ab, wieviel Zeit sich der Unternehmer mit der Organisation seiner eigenen Nachfolge lässt. Wird die eigene Nachfolge rechtzeitig geplant und umgesetzt, dann ist es sinnvoll, die Übergabe an das neue Management selbst zu organisieren. Zum einen hat der Unternehmer damit maximalen Einfluss darauf, dass das eigene Unternehmen in gute Hände kommt. Zum anderen zeigt sich in der Praxis, dass sich eine frühzeitige Übergabe an ein neues Management in der Regel positiv auf den erzielbaren Kaufpreis auswirkt.
Käufer empfinden eine höhere Sicherheit, wenn sie ein Unternehmen mit einem eingespielten und unabhängigen Managementteam erwerben. Im Idealfall übergibt der Unternehmer daher die Geschäftsführung schon einen gewissen Zeitraum vor dem geplanten Verkauf an das Management und zieht sich auf eine beratende Rolle oder sogar auf eine reine Gesellschafterrolle zurück. Damit wird einem Käufer signalisiert, dass es keine Abhängigkeiten vom Verkäufer gibt, was sich grundsätzlich wertsteigernd auswirkt.
Auch beim Management-Buy-in gilt: loslassen können!
In beiden Varianten stellt sich regelmäßig die Frage, wie lange die Übergangsfrist dauern sollte, innerhalb derer sowohl der Unternehmer als auch sein designierter Nachfolger gemeinsam das Unternehmen leiten? Hier gilt der Grundsatz:
„So lange wie nötig, so kurz wie möglich.“
Hierfür gibt es gute Gründe!
Ist es gelungen einen echten Nachfolger zu finden, dann wird sich dieser sicher so schnell wie möglich freischwimmen wollen. Ein MBI-Manager tritt eine Führungsstelle an, um eigenverantwortlich zu handeln. Folglich möchte er Unternehmer sein, kein Angestellter. Zeigt er sich hingegen eher zögerlich bei der Übernahme der Verantwortung, dann ist er wahrscheinlich eine Fehlbesetzung.
Mitarbeiter werden sich in Konfliktsituationen im Zweifel immer an den „alten Chef“ wenden. Dadurch wird der Unternehmer in die Situation gedrängt, im Zweifel immer seinem Nachfolger den Rücken zu stärken, um dessen Autorität nicht zu untergraben, ungeachtet dessen er in der Sache selbst vielleicht anders entschieden hätte.
Ein guter Manager wird eigene Ideen umsetzten wollen. Diese können auch mal deutlich von bislang praktizierten Vorgehensweisen abweichen. In einer Konfliktsituation wird sich der Eigentümer/Mehrheitsgesellschafter natürlich letztlich durchsetzen. Kommen diese Situationen häufiger vor, dann kann dies zu Frustrationen beim designierten Nachfolger führen. Im schlimmsten Fall zur Kündigung. Was bedeutet:
„Gehen Sie zurück auf Los und fangen Sie wieder von vorne an“
In jedem Fall werden sich solche Konflikte negativ auf die Position des MBI-Managers gegenüber den Mitarbeitern auswirken.
Und es ist nun mal so, dass zu viele Köche den Brei meist verderben.
MBI-Manager als Ergänzung des Teams
Die Frage nach der Dauer der Übergangszeit stellt sich natürlich nicht oder zumindest nicht in der Schärfe, wenn ein MBI-Manager lediglich eine Ergänzung zum bestehenden Team darstellt. In der Praxis wird beispielsweise die Position der kaufmännischen Geschäftsführung gerne über einen MBI-Manager besetzt. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn ein Verkauf an eine Beteiligungsgesellschaft, also einen Finanzinvestor, geplant ist.
Investoren legen besonderen Wert auf transparente Zahlen, (mehrjährige) Budgets und ein detailliertes Finanzreporting. Dies stellt viele mittelständische Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Solche Zahlen liegen im gewünschten Detaillierungsgrad oft nicht vor bzw. es gibt keine Erfahrung mit den Erfordernissen solcher Investoren. Hier ist die Besetzung der Position der kaufmännischen Geschäftsführung mit einem erfahrenen Manager eine wertsteigernde Maßnahme. Die Unterstützung durch einen erfahrenen kaufmännischen Geschäftsführer wird zudem die Vorbereitung und Durchführung einer Due Diligence erheblich erleichtern. Die Bereitschaft sich am Kapital der Gesellschaft zu beteiligen, wirkt sich zusätzlich positiv auf diese Art von Kaufinteressenten aus.
Grenzen & Risiken des Management-Buy-in
Wie bereits erwähnt, verfügen in der Praxis nur die wenigsten MBI-Manager über ausreichend finanzielle Mittel, um den angemessenen Kaufpreis für ein Unternehmen aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Daher ist grundsätzlich ein Finanzpartner gefragt, um einen MBI zu finanzieren. In der Regel wird dies eine Beteiligungsgesellschaft oder vielleicht ein Family Office sein. Diese Investoren agieren meist sehr professionell und haben viel Erfahrung mit Management-Buy-ins. Aber sie sind nur Partner auf Zeit. Das Geschäftsmodell von Beteiligungsgesellschaften beruht darin, Unternehmen zu erwerben, weiterzuentwickeln und dann wieder zu verkaufen.
Die Suche nach einem geeigneten MBI-Manager ist nicht trivial. Gute MBI-Manager müssen nicht nur hervorragende fachliche Kompetenzen haben. Der Manager muss auch in der Lage sein, sich schnell in ein bestehendes Unternehmen zu integrieren und die Rolle des „alten Chefs“ zu übernehmen, ohne ihn aber kopieren zu wollen. Dies setzt folglich auf Seiten des MBI-Managers auch gewisse soziale Kompetenzen und natürlich Durchsetzungsvermögen voraus.
Tatsächlich liegt hier auch das wesentliche Risiko eines MBI! Nicht immer gelingt es einem MBI-Manager sich in die Strukturen des Unternehmens zu integrieren. Oft reagieren gewachsene Führungsstrukturen im Unternehmen eher zurückhaltend und abweisend gegenüber einem „Neuen“. Anders gesagt: das „Teambuilding“ wird für alle Beteiligten zur größten Herausforderung. Aus diesem Grund kann es sehr hilfreich sein, einen MBI mit einem MBO zu verbinden. Das bedeutet, dass auch dem bereits vorhandenen Managementteam eine Beteiligung am Unternehmen angeboten wird. Die Kombination aus MBO und MBI wird auch BIMBO genannt und zielt darauf, eine wirtschaftliche Interessengleichheit zwischen den Managern zu erreichen. In der Praxis hat sich diese Vorgehensweise als sehr erfolgreich erwiesen.
Wichtig ist aber auch Offenheit und Transparenz. Daher sollte der verkaufende Unternehmer seine vorhandene Führungsmannschaft schon frühzeitig mit seinen Plänen hinsichtlich seiner Nachfolge vertraut machen. Offene Kommunikation ist immer besser als Heimlichtuerei.
MBI: Auf der Überholspur in die Selbständigkeit
Meiner Erfahrung nach erkennen immer mehr Manager, welche herausragenden Chancen in einem gut vorbereiteten MBI liegen. Ein MBI bietet die Möglichkeit des indirekten Einstiegs in die Selbstständigkeit, eine spannende berufliche Herausforderung und zudem sehr attraktive wirtschaftliche Chancen. In der Möglichkeit in einem bestehenden Unternehmen eigene Ideen verantwortlich umsetzen zu können und am Erfolg direkt wirtschaftlich partizipieren zu können, liegt der große Charme für ambitionierte Manager.
Gerade in Kombination mit Private Equity Investoren sind die Gestaltungsmöglichkeiten eines MBI fast unbegrenzt. Zudem sind diese Investoren meist bereit, geeigneten Managern ein hochattraktives Beteiligungspaket anzubieten, maßgeschneidert auf die individuellen wirtschaftlichen Möglichkeiten.



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